Wir wissen vieles, was wir niemals spüren und anschauen können. Für die Wissenschaft ist offenkundig, was für niemand bemerkbar ist. Erkenntnis und Erfahrung treten immer mehr auseinander. In dieser Situation wächst der Kunst nicht zuletzt die Aufgabe zu, Zusammenhänge auf einen sinnlichen Nenner zu bringen und in poetische Bilder zu fassen. Kaiser leistet einen komplexen Beitrag dazu. Gewiss war die Erddrehung  vor 500 Jahren so wenig erfahrbar wie heute – doch die Möglichkeit, sie anschaulich zu machen, gibt uns erst die aktuelle Medientechnologie.

Kaiser, ein hochartifizieller Demiurg im Kleinen, rückt die rasende Realität der um sich kreisenden Kugel ins Sichtbare, Nachvollziehbare. Er bettet sie auf drei Ebenen in eine konstruktiv durchdachte Ereignisfolge. Er konzentriert die unvorstellbare Beschleunigung auf wenige Quadratmeter im Museum. Er beteiligt uns selber an dem symbolischen Akt, indem er uns die Bewegung auslösen lässt. Er hält die Erde an und nimmt sie aus den Verzerrungen der Geschwindigkeit. Er konfrontiert uns mit beidem: der kosmischen Realität einer rasenden Welt und der Vergegenwärtigung unserer gravitierenden Empirie.

Manfred Schneckenburger im Katalog: behausung, Bonn 2004