Events | Feierliche Präsentation von Franz von Lenbachs Portrait der Katia Pringsheim: Gespräch mit E. Randol Schoenberg, Robert Schoenhofer & Joan Weinstein. Konzert des Kaleidoscope Chamber Orchestra
Los Angeles, Thomas Mann House | 29. Oktober 2022
Fast 80 Jahre lang befand sich das Gemälde eines namenlosen Mädchens des berühmten Porträtisten Franz von Lenbach in einer Privatsammlung. Als es 2018 in einem Auktionskatalog auftauchte, wurde es als ein Porträt von Katia Pringsheim, der späteren Frau von Thomas Mann, identifiziert. Der Besitzer, Robert Schoenhofer, hat das Gemälde nun dem Thomas Mann House in Pacific Palisades, dem Exilwohnsitz der Familie Mann, gestiftet. Schoenhofer spricht mit dem Rechtsanwalt und Genealogen E. Randol Schoenberg, moderiert von Joan Weinstein, Direktorin der Getty Foundation. Mit Begrüßungsworten von Stefan Schneider, dem deutschen Generalkonsul in Los Angeles.
Auch wenn das Gemälde aus dem Jahr 1892 jahrzehntelang als namenloses „Mädchenporträt“ gehandelt wurde, zeigt es zweifellos Katia Pringsheim im Alter von sieben oder acht Jahren. Katia ist im Halbprofil mit einer roten Mütze über ihrem dunklen Haar zu sehen. Ihr Gesicht ist hell ausgeleuchtet und man wird von ihren Augen, ihrem Blick - konzentriert und aufmerksam - förmlich angezogen. Als das Gemälde 2018 an ein Auktionshaus gegeben wurde, wurde Dirk Heiserer darauf aufmerksam. Der Literaturwissenschaftler und Vorsitzende des Thomas-Mann-Forums in München erkannte, dass es sich bei dem Gemälde um Katia Mann handelte. Zudem schien es eine Version eines Porträts aus der gleichen Zeit zu sein, das nicht nur in Thomas Manns Arbeitszimmer in Pacific Palisades hing, sondern auch das Cover von Katia Manns 1974 erschienenen Memoiren Meine ungeschriebenen Memoiren zierte.
Franz von Lenbach hatte zahlreiche Porträts von Mitgliedern der Familie Pringsheim gemalt. Als Katias Eltern, Alfred und Hedwig Pringsheim, die beide aus prominenten jüdischen Familien stammten, Ende 1939 Deutschland endlich verlassen konnten, konnten sie nur sehr wenige Besitztümer mitnehmen. Ihre exquisite Kunstsammlung war entweder versteigert oder beschlagnahmt worden.
1940 erwarben die Großeltern von Robert Schoenhofer Lenbachs „Mädchenbildnis“ von einem Kunsthändler. Nach umfangreicher Provenienzrecherche und Gesprächen zwischen den Pringsheim-Erben und Robert Schoenhofer wurde das Gemälde nun unter der großzügigen Schirmherrschaft der Pringsheim-Nachfahren Claudia Beck-Mann, Angelica und Domenica Borgese, Katja Geb-Mann, Anthony Mann, Frido Mann, Raju Mann Ward, Gerrit und Arie Adriaensen, Ruth Bradshaw, Judith Forster, Mike Estermann, Paul Garver, Sarah Garver, Nick Garver, Yurika Pringsheim, Hsiuping Pringsheim und Tamara Marwitz dem Thomas Mann House geschenkt. Mit der Annahme der Schenkung hat sich die Villa Aurora & Thomas Mann House e.V. verpflichtet, die Provenienzforschung fortzusetzen und dafür Sorge zu tragen, dass das Porträt und Informationen zu seiner Geschichte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Anlässlich der Schenkung und der ersten öffentlichen Präsentation des Gemäldes im Thomas Mann House spricht Robert Schoenhofer mit Randol Schoenberg, Rechtsanwalt und Genealoge, der sich auf Rechtsfälle im Zusammenhang mit der Wiedererlangung insbesondere durch das NS-Regime geraubter Kunstwerke, spezialisiert hat. Schoenberg ist der Enkel der Komponisten Arnold Schoenberg und Eric Zeisl und weithin bekannt für die erfolgreiche Vertretung von Maria Altmann, geborene Bloch, in ihrer Klage gegen die Republik Österreich auf Rückgabe von fünf Gemälden von Gustav Klimt aus dem Nachlass von Ferdinand und Adele Bloch-Bauer an deren Erben.
Das Gespräch wird von Joan Weinstein, Direktorin der Getty Foundation, moderiert, deren profunde Kenntnisse der bildenden Kunst und der strategischen Philanthropie zur Schaffung bedeutender Initiativen geführt haben, die bahnbrechende Forschung und Ausstellungen unterstützt haben. Weinstein ist in etlichen Organisationen in den Bereichen Kunstgeschichte und Philanthropie aktiv und war Mitglied in einer Reihe von gemeinnützigen Gremien. Die Podiumsteilnehmer:innen werden unterschiedliche Aspekte der Provenienzforschung in Deutschland und den Vereinigten Staaten erörtern und die Geschichte von Lenbachs Gemälde und seiner Reise nach Pacific Palisades beleuchten.
Neben einer Begrüßung durch den deutschen Generalkonsul in Los Angeles, Stefan Schneider, gibt das Kaleidoscope Chamber Orchestra ein kurzes Konzert. Musiker:innen Ariadne Greif und Robert Fleitz werden Werke für Sopran und Klavier von Clara Schumann und Gustav Mahler vortragen.
Die Veranstaltung findet im Thomas Mann House statt und ist nur auf Einladung zugänglich.