News |Salon Sophie Charlotte 2018: Ist Sprache eine Waffe?

Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften am Berliner Gendarmenmarkt | Foto: VATMH/Mirko Lux

BERLIN, 22. Januar 2018 | Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW) am Gendarmenmarkt bot der von Kurt Tucholsky entlehnten Frage „Ist Sprache eine Waffe“ am vergangenen Samstagabend mit dem diesjährigen Salon Sophie Charlotte Raum. „Man kann vor Sprache und den Wirkungsweisen von Sprache auch Angst haben“, stellte Martin Grötschel, der Präsident der Akademie, in seiner Begrüßungsansprache fest.

Herta Müller und Christoph Markschies im Gespräch | Foto: VATMH/Mirko Lux

Anschließend unterhielten sich der BBAW-Vizepräsident Christoph Markschies und Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller. Und sie sprachen zunächst über das Schweigen auf dem Dorf: Ideologie verbiege Sprache, vernebele ihren Bedeutungshorizont. Im Dorf hingegen sehe man das Wesen der Sprache, denn dort lebten sie noch unberührt. Schneiderin wäre sie damals gern geworden oder Friseurin. Etwas gestalten, ohne zu sprechen: „Was man tut, muss nicht im Wort verdoppelt werden“, sagte Müller, denn „mit dem Sprechen kann man genau so viel Schlechtes anrichten wie Gutes.“ Auch literarisches Schreiben könne eine Form dieses Schweigens sein, „man macht es ja nur mit sich selbst aus“.

Thomas Mann ist die Goethe-Nachfolge an diesem Abend – rein Ablaufmäßig – gelungen: Nach einem pikanten Vortrag über Erotik bei Goethe sprach unser Gast Professor Andreas Blödorn über Thomas Manns Verwendung der Ironie. Eine abgründige, bisweilen unverhohlen boshafte, doch in ihren Grundzügen stets lebensfreundlich-humane Ironie gilt als prägnantes Stilmittel des Erzählers Thomas Mann. Blödorns Blick auf Manns Sprache zeigte, wie die ironische Haltung zum Leben und Schreiben Brüche in Biographie und Werk gleichermaßen auszustellen wie zu verkleinern half. Zwar erfülle sie in jedem Text Manns einen anderen Zweck, aber ein verbindendes Moment sei, dass sie es leichter mache, das Leben auszuhalten: „Über den Dingen schweben und auf sie herablächeln. Nicht überheblich, sondern im existenziellen Sinne.“

Professor Étienne François begrüßte Andreas Blödorn Prof. Andreas Blödorn hielt einen Vortrag über die Ironie in Thomas Manns Sprache Rund 100 Personen drängten sich in Konferenzraum 2, um den Vortrag von Andreas Blödorn zu hören. Prof. Andreas Blödorn hielt einen Vortrag über die Ironie in Thomas Manns Sprache Professor Étienne François war Gastgeber des Programms in Konferenzraum 2

Rund 2.300 Gäste konnten an diesem Abend das vielseitige und anregende Programm des Salon Sophie Charlotte erleben. Die zahlreichen weiteren, parallel stattfindenden Podien, mit über 100 Expert/-innen, Wissenschaftler/-innen und Künstler/-innen, beschäftigen sich unter anderem mit der Wirkung von Sprache, der Veränderung, dem Artensterben und der Digitalisierung.

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